Am 22./23. November 2018 fand in Düsseldorf die alljährliche EACVA-Unternehmensbewerter-Konferenz (www.bewerterkonferenz.de ) statt. Das ist DER Branchentreff für alle, die mit Unternehmensbewertung zu tun haben. Ca. 350 Teilnehmer lauschten den Vorträgen zu Unternehmensnachfolge, Fairness Opinions, Distressed Valuation oder Start-Up-Unternehmensbewertung. Ich selbst habe dort einen Vortrag zum Terminal Value und den zugehörigen Problemen in der praktischen Unternehmensbewertung gehalten.

Beim Thema „Terminal Value“, also der Phase der Unternehmensbewertung, die nach einer Prognosephase von 5-10 Jahren beginnt, vertrauen heute immer noch viele Unternehmensbewerter in vorgefertigte Baukasten-Modelle. Dazu gehört bspw. das sogenannte Werttreibermodell, das anhand von Rechnungslegungsrenditen und Ausschüttungsquoten von Jahresüberschüssen den langfristigen Unternehmenswert-Beitrag ermittelt. Oder das Bradley/Jarrell-Modell (von dem ich auch mal ein großer Fan war – vgl.  Valuesque – und ein bisschen auch noch bin), dass die gleiche Aussage auf Basis von ökonomischen Renditen und Zahlungsstrom-Ausschüttungsquoten tätigt.

In der heutigen Welt haben allerdings beide Unternehmensbewertungs-Modelle stark an Aussagekraft verloren. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen ist unser Rechnungslegungssystem immer weniger geeignet, die realen Unternehmensentwicklungen sinnvoll abzubilden. Dies wiederum liegt in erster Linie daran, dass moderne Geschäftsmodelle verstärkt von immateriellen Vermögenswerten, die sich nicht auf der Bilanz befinden (wie bspw. Mitarbeiter Know-How und –Kreativität, eigene Entwicklungsleistungen, etc.), getrieben werden. Zum Zweiten sind wir heute in der Unternehmensbewertung fundamentalanalytisch schon so weit, dass wir solche Hilfsmodelle gar nicht mehr benötigen – ja, diese sogar schädlich sind, da sie zur wahren operativen Performance des Unternehmens eigentlich keine Aussage machen, sondern diese eher verschleiern. Und zum Dritten unterstellen diese Unternehmensbewertungs-Modelle eine Trennung der Unternehmensaktivität in zwei Teile (einen Basisteil und einen Wachstumsteil), die sich mit unterschiedlicher Performance entwickeln. Dies ist aber in den wenigsten Fällen auch tatsächlich sachgerecht für die Wertfindung bzw. spiegelt die Unternehmensrealität sehr ungenau wider.

Und da ich schon einmal dabei war, habe ich auch noch weitere kritische Themen diskutiert, die weniger mit den bekannten Modellen an sich, sondernvielmehr mit dem Umgang des Terminal Value per se zu tun haben – wie bspw. die ungerechtfertigte explizite Berücksichtigung von Insolvenzwahrscheinlichkeiten im Terminal Value und die häufig zu beobachtende Ungleichheit von Projektrenditen und Terminal-Value-Renditen.

Die Schlussfolgerung: Es in vielen Fällen sinnvoller, ganz einfache Wachstumsmodelle anzuwenden (und diese mit viel fundament-analytischem Power zu kalibrieren) als die zukünftig angenommene Unternehmensrealität in ökonomisch nur bedingt passende Modelle zu pressen. Dies ist auch der vernünftigste Weg, wie man die typischen Streitfälle gerade bei M&A-Transaktionen und Unternehmensnachfolgen (der Verkäufer sieht enormes Potenzial im Terminal Value, der Käufer dagegen würde ihn am liebsten aus der Unternehmensbewertung verbannen) transparenter lösen kann.